Mittwoch, 15. Juni 2011

Rock Hard-Leserbrief

Nur für den Fall, dass die Rock Hard meinen Leserbrief ignoriert:

Hallo zusammen!

Um mich mit meiner unwichtigen Meinung mal in die Diskussion um das Thema Pay-To-Play einzubringen, versuch ich mal sowas Ähnliches wie eine
Gegenposition zu vertreten.
Eins vorweg: Pay-To-Play ist eine Frechheit; ohne Frage. Wie kommen aber scheinbar soviele Veranstalter auf den Trichter Zwangsabnahmen oder gar Bares
als Auftrittsvorraussetzung einzurichten?
Ich selber Veranstalte seit 2004 Festivals im Ruhrgebiet (Cold Winter Fest/Exile Festival) und kenne daher die andere Seite des Geschäfts (ja, es ist und bleibt
ein Geschäft) sehr gut. Daneben hab ich mit meiner eigenen Band auch oft genug für Noppes auf verschiedenen Veranstaltungen gespielt. Aber mir war der Applaus und die Party in der Regel auch wichtiger als Geld. Aber das ist nur eine persönliche Einstellung und natürlich verstehe ich, dass es frustrierend ist, wenn
man immer wieder für null Euro durch die Gegend turnen muss.
Nun aber zu meiner eigentlichen Argumentation. Diese ist so offensichtlich und einleuchtend, dass ich sie eigentlich nicht fomulieren muss. Aber dennoch:
Eine Band kommt und will auftreten. Was löst diese Tatsache beim potentiellen Veranstalter aus? Es wird zunächst mal eine Location benötigt. Diese ist in der Regel nicht umsonst zu haben. Dann wird eine angemessene PA gemietet und vielleicht auch für das Auge noch ein wenig Licht dazu gebucht. Auch das kostet eine ganze Stange Geld. Die Band möchte was essen und was trinken. Auch das kostet eine Menge. Die Veranstaltung sollte versichert werden und auch Werbung sollte zum Wohle aller stattfinden. Werbung in Magazinen kostet immer einige hundert Euro und auch Flyer und Plakate sind teuer. Erstellen und Verteilen kann man vielleicht noch selber, aber spätestens drucken kostet wieder Kohle. Dann kommt die liebe GEMA und verlangt ihre ungerechtfertigten und viel zu hohen Tarife.
Bis hierher sind schon eingige hundert oder auch tausend Euro zusammen. Der Veranstalter hat schon viele Stunden in die Planung und Organisation gesteckt und ist in Vorleistung gegangen.
Wenn nun auf dem Festival/Konzert sagen wir 10 Bands spielen, dann kann man diese Kosten recht einfach auf jede einzelne Band verteilen. 1/10 halt. Angenommen wir sind nun bei ca. 1.500 Euro (und das ist wirklich niedrig angesetzt). Macht also schon 150 Euro pro Band. Veranschlagen wir nun 10 Euro Eintritt so MUSS die Band schonmal mindestens 15 Leute bringen. Zugegeben: Schaffbar. Auf die Veranstaltung gerechnet ist der Break also ziemlich genau bei 150 Leuten. Das hört sich für semiprofessionelle Bands schon wieder anders an.
Möchte nun jede Band nochmal 50 Euro Spritgeld haben, dann sind es auf einmal schon 200 Leute. Das ist viel! Zumindest ist es viel, wenn keine bekannten Bands dabei sind. Nehmen wir also mal zwei etwas Bekanntere dazu. Je nachdem wie bekannt es sein soll, fällt nun Gage an. Und zwar etwa 1.000 bis 2.000 Euro (nach oben sind hier wirklich keine Grenzen gesetzt). Angenommen wir bekommen zwei Bands für je 750 Euro. Spätestens jetzt schlägt die Künstlersozialkasse zu und verlangt 3,9% der Gagen. Wir sind nun also bei ca 3.500 Euro für die Veranstaltung. Macht also 350 Zuschauer.
Ich könnte hier weitermachen, aber ich denke es ist klar, dass das schon ein gut besuchtes Konzert ist. Was wenn ein einziger weniger kommt? Der Veranstalter hat Monate seines Lebens gearbeitet und rein garnichts dafür bekommen. Die Band konnte immerhin ihre Bekanntheit steigern, feiern und mit Spritgeld, Catering und einem dicken Namen in der Referenzliste nach hause gehen.
Klar, es kann auch gut ausgehen und der Veranstalter streicht sich ein paar hundert Euro ein. Aber es ist einfach unberechenbar und das Risiko liegt einzig und allein bei ihm.
In meiner Rechnung ist nicht berücksichtigt, dass neben dem Veranstalter auf einem Konzert noch zahlreiche andere Leute (Security, Ton-/Lichttechniker, und Helfer aller Art) arbeiten, die entweder nichts dafür bekommen weil sie Idealisten/Freunde des Veranstalter sind, oder aber sie treiben den Break weiter nach oben. Ebenso wenig habe ich Porto, Telefon, Hotelzimmer für die Headliner (ca. 400 Euro pro Band) und weitere Kleinigeiten vernachlässigt die dennoch bezahlt werden müssen.
Eine einfache Rechnung ist also: Die Band muss inklusive aller auf sie umgelegten Nebenkosten das einbringen was sie an Kosten verursacht. Und das ist nunmal nicht wenig. Die Arbeit die eine Band leistet kann niemals bezahlt werden. Alles was sie im Proberaum, im Studio oder wo auch immer leistet muss sich an der Zuschauerzahl messen lassen. Wenn diese nicht stimmt, dann kann sie nicht auftreten. Einer zahlt am Ende die Zeche und das ist mit Sicherheit erstmal der Veranstalter. Hört sich hart an, ist aber so. Es ist völlig egal wie gut und wertig die Musik ist, am Ende zählt nur was die Band in die Kasse des Veranstalters bringt, andernfalls wird er über kurz oder lang keine Konzerte mehr machen und niemand wird mehr auftreten können.
Der von Lukas Weiß angesprochene soziale Zweck beim Metal for Mercy ist nicht der, kleinen Bands eine Chance zu geben, sondern eben ein ganz anderer. Die Bands spielen hier um Menschen zu helfen. Ich veranstalte meine Konzerte aus anderen Gründen, aber wer auch immer am Ende im Erfolgsfall das Geld bekommt: Die potentiellen Verluste trägt der Veranstalter.
Pay-To-Play ist keine Option und eine wertige Band wird auf Dauer auch Gagen bekommen. Schaut ins Publikum und denkt drüber nach ob ihr dem Veranstalter einen Mehrwert bringt oder nicht. Wenn ja: fordert eine gerechte Beteiligung, wenn nein, dann seid dankbar, dass ihr dennoch eine Chance bekommen habt.
Und um den Buhrufen vorzugreifen: Ich veranstalte selber oft Bands bei denen ich weiß, dass sie allein die Kosten nicht rechtfertigen. Ich habe mir den Underground-Support auf die Fahnen geschrieben und unter die Haut stechen lassen. Aber niemand kann die harte wirtschaftliche Realität ignorieren und das muss auch der härteste Underground-Metaller verstehen. Also: "Support The Underground" gilt auch für Bands; auch wenn das mal bedeutet ohne Gage zu spielen.
P.S. Meldet euch nicht bei der GEMA an. Lohnt sich nicht, ihr treibt die Produktionskosten in die Höhe und ihr finanziert die falschen Künstler!

1 Kommentar:

  1. "Support The Underground" gilt imho eigentlich am meisten, für die, die glauben, sie wären der Underground.

    Also, etwas böse gesagt: diejenigen, die keine Eintrittskarten für Konzerte von unbekannten Bands, aber sehr wohl Wacken X-mas-Package, Guitar-Hero-Metal-edition oder "Big Four"-Tickets kaufen, und denen dann vorwerfen, sie wären so böse Kommerziell...

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