Mittwoch, 22. Januar 2014

Heino.. Wirklich?

Wie kommt man dazu auf einem Metal Festival einen Schlagerstar abzufeiern? Diese Frage stellte ich mir, nachdem aufgrund des Wackenauftritts von Heino mit Rammstein eine Diskussion über die Toleranz der Szene, konservative Metaller und die Werte des Metal allgemein ausbrach.

Was ist so schlimm daran, dass Heino auf dem Wacken spielt? Erstmal nichts, der Mann kann tun und lassen was er will. Wenn dann auch noch eine Band wie Rammstein von denen er einen Song gecovert und damit angeblich die Feindschaft der "Rocker" auf sich gezogen hat, mitspielt, dann ist das erstmal okay. Was die ganze Sache noch mehr in den Fokus rückt ist aber auch, dass es ausgerechnet das Wacken Open Air ist auf dem diese Peinlichkeit stattfindet. Das Festival ist seit Jahren umstritten und hat mit Aktionen wie Wet-T-Shirt-Contests und Comedians auf der Bühne dafür gesorgt, dass der Metal mehr und mehr aus dem Fokus geriet. Die peinliche Berichterstattung durch die privaten (und mitlerweile auch Öffentlich-Rechtlichen) Medien, bei denen nie die Musik eine Rolle spielt, sondern immer nur besoffene Pseudo- (oder meinetwegen auch der eine oder andere echte) Metaller die Pommesgabeln in die Kamera halten und was von "Hier ist alles total friedlich" und "Wackööön!" faseln, tut dann ihren Rest und macht die erste Augusthälfte für jeden daheimgebliebenen nur schwer erträglich.

Daher ist das Festival auf dem diese Selbsterniedrigung stattfindet hier durchaus von Belang. Das Wacken ist zumindest umstritten und gilt als Ballermannveranstaltung unter den Open Airs. Wäre so eine Farce auf dem Rock Am Ring über die Bühne gegangen, dann hätte das kaum jemanden verwundert. Das Wacken wirkt allerdings mittlerweile fast schon peinlicher als das RAR, was als Aussage allein schon den Wackenfanatikern zu Denken geben sollte.

Als Martin Kesici vor einigen Jahren auf dem WOA auftrat, hat sich das Publikum noch geschlossen umgedreht, da man ihn als Casting-Star nicht auf dem Metalfestival akzeptieren wollte. War das bei Heino auch so? Ich war nicht dabei, ich kann es nicht sagen. Aber die Berichte lassen nicht darauf schließen.

Mir wurde vorgeworfen, dass ich mich intolerant und konservativ verhalten würde, wenn ich sage, dass ich Aktionen wie den Heino-Auftritt im höchsten Maße unangemessen und peinlich finde. Toleranz bedeutet soviel wie "Ertragen". Und ganz ehrlich: Sowas kann ich auch kaum ertragen. Die Metalszene stand für mich immer für Rebellion und Unzufriedenheit. Manchmal auch für Wut. Heino stand für mich immer für Kleinbürgertum in gemütlicher Wohnzimmergesellschaft. Es war die Musik der Leute, die Metal abtun und als schlecht und manchmal auch bösartig verschreien. Und hier wird nun die Verbrüderung dieser beiden ehemals feindlichen Lager gefeiert.

Vielleicht erinnert sich die Sabaton-Generation nichtmehr daran, aber es gab Zeiten, da wurde dem Metal unterstellt für den Tod von Menschen verantwortlich zu sein. Es wurde behauptet, dass unsere Musiker Jugendliche in den Selbstmord trieben und das dem "satanischen" Treiben Einhalt geboten werden muss. Wer Heino gehört  hat, der gehörte zu den Guten.

Mag ja sein, dass Heino sowas nie gesagt hat und dass er im Alter zeigen will was für ein achso harter Kerl er doch eigentlich immer war. Aber genauso wie ich es den Onkelz und Frei.Wild nicht so einfach  durchgehen lasse, dass sie keine Nazis sein wollen, so einfach lass ich Heino hier auch nicht raus. Wer kommt denn zu den Gigs der beiden genannten Bands? Neben vielen, vielen einfachen Fans auch viele, viele Glatzen und solche die es noch werden wollen. Gleiches gilt für Heino. Wer kauft seine Platten? Soll ich ihm nun einfach verzeihen, dass er den Soundtrack zur Vorstadtbiederei geliefert hat?

Intolerant ist es, ja. Im Sinne von "Ich ertrage es nicht mehr." Wer  mir aber vorwirft konservativ zu sein, der kennt mich schlecht (was auch okay ist). Es ist für mich mehr als konservativ eine Band nach der anderen abzufeiern die so ganz tolle Musik macht, die sich genauso anhört wie in den 80ern/70ern. Das ist noch so ein Zeichen des Verfalls. Wie kann man danach streben Musik zu machen, die schon vor 40 Jahren da war? Wie kann man als Künstler auf der Suche nach dem was schon da war sein? Und als Fan auch. Ich lehne die aktuelle Retro-Welle komplett ab und halte sie für mehr als gefährlich. In Verbindung mit der neuen Schlagerliebe der Wacken-Kirmes-Metaller wird mir hier aber so einiges klar: Der Metal ist nicht rebellisch und wütend. Der Metal ist satt und lebt von den Erinnerungen an alte Zeiten und wenn es mal zu schwer wird, dann wird auf Karnevalsfestivals wie dem Wacken eben auch mal das alte Feindbild bejubelt. Mehr als peinlich.